MANTRA, geheimer Schlüssel zum Eintreten in Resonanz mit den unendlichen Kraftsphären im Makrokosmos
Mantren, einfach als mystische „Formeln“ definiert, sind Klangausdrücke subtiler kosmischer Kräfte, die den Zugang zu der unbeschreiblichen Realität ermöglichen, die sie bezeichnen.
Ein Mantra ist ein „verbales Vehikel“ auf dem Weg zur Erleuchtung.
In der spirituellen Tradition begegnen wir zwei Hauptkategorien von Mantren: den sogenannten langen Mantras (Verse aus heiligen Texten, religiösen Hymnen, Anrufungen, in denen manchmal der Name der angerufenen Gottheit oder subtilen Kraft vorkommt) und kurzen Mantren oder Samenklängen.
Aus esoterischer Sicht sind nur die der zweiten Kategorie tatsächlich Mantren. Diese zweite Kategorie, archetypische Laute oder symbolische „Wörter“ (ohne sprachliche Bedeutung), ist in Meditationstechniken von besonderer Bedeutung. Diese kurzen Mantren, die in authentischen spirituellen Traditionen vorkommen, haben ihren Ursprung in den grundlegenden Archetypen der Manifestation. Der Schweizer Wissenschaftler CG Jung entdeckte die Existenz archetypischer Bilder, die den Grundinhalt des kollektiven Unterbewusstseins darstellen, und beobachtete eine gewisse Einheitlichkeit in der Art und Weise, wie Menschen sie darstellen. Das Quadrat, der Kreis, das Dreieck, das Kreuz, aber auch weniger abstrakte Bilder, wie die schöpferische Matrix, der Baum des Lebens, der weise alte Mann und andere, gehören zu den Urarchetypen. Diese Urbilder erscheinen spontan aus dem Unterbewusstsein auf der Ebene der Bewusstseinsebene in Träumen, Visionen, in Meditationen oder in emotionalen Zuständen maximaler Intensität.
Mantren, „Gefährte des Geistes“, sind ein Mittel, um im Unterbewusstsein vorhandene aktive Bilder und Einflüsse, ob positiv oder negativ, auf die bewusste Ebene zu bringen und zu reinigen. So wird der Aspirant durch Verfeinerung und Reinigung wirklich zu seinem eigenen Meister.
Der Mensch – der Spiegel des Universums
Mantren sind nicht, wie manchmal fälschlicherweise angenommen wird, magische Formeln, deren Kraft es erlaubt, Naturgesetzen zu trotzen und die, laut ausgesprochen, jederzeit Wunder bewirken können. Es handelt sich um Klänge – oder heilige Formeln – die direkt oder indirekt mit der Kontrolle des Prana oder der Lebensenergie des Körpers verbunden sind und so als dynamisierender Faktor der latenten Kraft des Menschen wirken. Die Wirkung eines Mantras ist stärker als die bloße Beschwörung eines konkreten Bildes oder Symbols. Das Mantra erweckt im Wesen des Aspiranten eine entsprechende Einstellung sowie alle Qualitäten, die mit dieser subtilen kosmischen Kraft oder Kraft auf der Ebene des menschlichen Mikrokosmos verbunden sind. Durch den systematischen Einsatz eines Mantras werden wir so zu einem perfekten Spiegelbild der Harmonie des Universums. „Was oben (im Makrokosmos) ist, ist wie das, was unten (im Mikrokosmos unseres Seins) ist. Und was unten (im Mikrokosmos des Seins) ist, ist wie das, was oben (im Makrokosmos) ist, um das Wunder des Ganzen zu vollenden“, heißt es auf der alten Smaragdtafel des Hermes Trismegistos.
Perfektion und Einheit in der Vielfalt
Ein Mantra fungiert als Faktor der psychischen Integration des Wesens. Es erweckt bestimmte Potenziale des Menschen, entsprechend der Ebene, auf der er handelt, und bringt ihn dem Zustand der Vollkommenheit, der Einheit näher. Daher wirkt jedes Mantra gezielt auf verschiedene Ebenen des Wesens. Ein solcher archetypischer Klang kann den Menschen zur Universalität erheben. Mantren geben dem Menschen die Möglichkeit, Harmonie zwischen der Innenwelt und der Außenwelt, Harmonie zwischen Körper und Geist zu erreichen.
Es harmonisiert die Kraftzentren des Wesens
Wie bereits gesagt, sind kurze Mantras der Ausdruck wesentlicher, archetypischer Klänge. Sie haben keine diskursive, konzeptionelle oder ideelle Bedeutung, die dem begrenzten Geist zugänglich wäre, da sie vor der Bildung der Sprache liegen. Diese Klänge – Samen oder Bija – erwecken Urbilder des Unterbewusstseins zum Leben. Beispielsweise bezieht sich das Bija-Mantra LAM auf das Quadratsymbol, das in der Yoga-Tradition mit dem Erdelement assoziiert wird, das Bija-Mantra VAM bezieht sich auf das Halbmond-Symbol, das in der Yoga-Tradition mit dem Wasserelement assoziiert wird, usw. Diese Elemente sind mit Eigenschaften wie Festigkeit (Erde), Fließfähigkeit (Wasser), Hitze (Feuer) usw. verbunden, die wiederum mit den Funktionen der verschiedenen Kraftzentren (Chakra-e) des Körpers verbunden sind. Durch die Verwendung eines Bija-Mantras wird das jeweilige feinstoffliche Kraftzentrum (Chakra) harmonisiert und dadurch verbindet sich Mantra Yoga mit den yogischen Pfaden der Reinigung, Harmonisierung und Verfeinerung des Wesens, wie Hatha Yoga, Kundalini Yoga usw.
Mantra, Yantra und Mudra – drei Facetten von One Reality
Der gesamte esoterisch-symbolische Überbau der tibetischen Yoga-Tradition basiert auf der Realität der „drei Mysterien“. Nach dieser Tradition sind Taten, Worte und Gedanken nur drei verschiedene Ausdrucksformen ein und derselben Realität. Für tibetische Tantriker sind Yantras, Mudras und Mantren in gewissem Sinne identisch – sie vereinen die Kräfte von Körper, Seele und Geist und ermöglichen es dem Aspiranten, Herr seines eigenen Schicksals zu werden und den Zustand der Vollkommenheit zu erreichen.
In der mystischen Erfahrung verschwinden alle Barrieren zwischen dem individuellen Wesen und dem Absoluten. Diejenigen, die in ihrem Wesen die universelle Wahrheit oder die absolute Realität erwacht haben, sind Heilige, Weise, große Yogis und spirituelle Vorbilder für diejenigen geworden, die nach Perfektion streben.
Mantras haben die Kraft, im Menschen das Bewusstsein einer Realität zu erwecken, die jenseits von Worten und Gedanken liegt, jenseits dessen, was mit Hilfe der Sprache ausgedrückt werden kann. Intensive subtile Schwingungen, die im Wesen des Aspiranten durch heilige Formeln geweckt und verstärkt werden, ermöglichen die Wahrnehmung und Erfahrung der tiefsten Dimensionen des Bewusstseins. Dadurch findet eine innere Reinigung und Verfeinerung statt und der Prozess der spirituellen Entwicklung wird beschleunigt.
Mantren sind subtile Klänge, die bestimmten wesentlichen Aspekten subtiler kosmischer Energien oder Kräfte entsprechen. In den Geheimschulen des Ostens werden verschiedene Meditationsmethoden praktiziert, bei denen Mantren gedanklich ausgesendet werden.
Mantren spielen eine besondere Rolle: Sie sind wahre Stützen, durch die wir uns mit verschiedenen subtilen Energien aufladen, und in vielen Fällen haben sie auch die Rolle des Beschützers des Wesens, das sie verwendet. Durch die Anwendung eines bestimmten wohltuenden Mantras kommt es gleichzeitig zu einer allmählichen Transformation, spürbar auf der Ebene von Körper, Psyche und Geist. Das Mantra spielt auch eine wichtige Rolle bei der Sublimation verschiedener vorherrschender niedriger Energien, wobei dieser Prozess durch seine mentale Emission katalysiert wird.
Die Effizienz eines „mantraischen Fahrzeugs“ liegt nicht in der Stärke des Fahrzeugs selbst; Das Mantra hat keine Kraft, wenn es nicht richtig verwendet wird.
Ohne zu wissen, wie man mit einem Mantra richtig umgeht, ist diese heilige Formel für einen Unbekannten ebenso ausdruckslos wie eine chemische oder mathematische Formel. Wir erzeugen kein Wasser, indem wir H2O mechanisch wiederholen. Ebenso werden wir keine nennenswerten Wirkungen erzielen, wenn wir ein Mantra ausschließlich mechanisch wiederholen, ohne seine Bedeutung zu kennen (die Kraftsphäre, mit der es in Resonanz steht). Und die Bedeutung eines Mantras liegt nicht in der grammatikalischen Bedeutung, in seinem verbalen Inhalt, sondern in der Beziehung, die es zur experimentellen Welt hat, in der alle emotionalen, spirituellen und kulturellen Aspekte eine spezifische Rolle spielen.
Mantren sind mehrdimensional. Die Kraft des subtilen Klangs hat Auswirkungen auf psychischer, mentaler und spiritueller Ebene. Außerdem verfügt das Mantra über eine große schöpferische Kraft, um im Schüler Urbilder, archetypische Symbole, zu erwecken. Die Bedeutung und der Inhalt des Mantras werden immer intensiver, proportional zum Fortschritt auf dem Weg der Selbstverwirklichung und zur Vertiefung der spirituellen Modalitäten. Eine ständige und engagierte spirituelle Praxis, das Bemühen, das Mantra „am Leben“ zu halten, wird dazu führen, dass dieses als treibende Kraft und ständige Inspirationsquelle wirkt.